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22.10.19 Zeichen setzen

Einem jüdischen Freund wollte ich eine größere Kerze schenken. Natürlich von mir selbst aus dem Wachs meiner Bienen hergestellt. Nur eine Form aus Silikon benötigte ich noch. Also kein Thema, mögen Sie denken. An der Stelle allerdings würde sich meine Großmutter einklinken: Irrtum lieber Leser.

Sie müssen wissen, dass ich solche Wachsformen sammele wie man es Frauen schon mal in punkto Schuhen nachsagt. Deren Regale mögen überquellen, doch das hindert sie nicht, ein weiteres Paar zu kaufen. Es ist ganz bestimmt das letzte, murmelt die liebenswerte Dame unhörbar an der Kasse. Vergleichbar dem notorischen Raucher, der Stein und Bein schwört, dass er gerade seine letzte Zigarette angesteckt hat.

Dem Händler meiner Wahl habe ich bereits hunderte von Euros für die unterschiedlichsten Wachsformen überwiesen. In seinem breiten Sortiment suchte ich nun nach einer Silikon-Form mit einem Davidsstern. Als ich nichts fand, schickte ich ihm eine Mail. „Leider haben wir keinen Davidstern als Form im Sortiment“, lautete die Antwort. „Wir hatten auch noch nie eine Anfrage. Für die Herstellung einer Einzelform lohnt sich der Aufwand für uns nicht. Das wäre viel zu teuer und für uns auch kein Markt. Ich bitte um Verständnis“.

Wenn schon kein Davidsstern wollte ich zurückmailen, weil der womöglich als politsches Symbol für den Staat Israel mißverstanden werden könnte, warum dann keine Form mit einem siebenarmigen Leuchter, dem Symbol für den alten Tempel und Urform aller Kerzenhalter? Oder einfach nur Schalom (Frieden) in hebräischen Buchstaben?

Andersherum gefragt: Was würde eigentlich passieren, wenn eine Marketinganalyse ergäbe, dass die Nachfrage nach Kerzen mit nationalen Symbolen sprudelnde Gewinne verspräche? Da könnte man ja mal mit ein paar Runen anfangen. Ich wette: Die Kofmichs unter den Kerzenformern begäben sich schnurstracks an die Arbeit. Die Sonntagsreden über den Zusammenhang von Markt & Moral hatten die eh nie erreicht.