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19.8.17 Honeymoon

Honeymoon, wir wissen es, meint Flitterwochen. Welch romantisches Bild: Die Süßigkeit der jungen Liebe in vollen Zügen auskosten – einen ganzen Monat lang.

Aber warum gerade Honig? Es fällt auf, dass Hochzeit und Honig in nahezu allen indogermanischen Sprachen aufs engste aufeinander bezogen sind. Und das schon seit der Antike. Da benötigte man Honig weniger als Brotaufstrich oder zum Abschmecken des Desserts, sondern zur Herstellung von Alkohol, sprich Met. Dessen Produktion bereitete keine Probleme und war viel einfacher und kostengünstiger als teuren Wein von irgendwoher herbeizuschaffen.

Bienen und damit Honig dagegen gab es überall in ausreichenden Mengen; deshalb bestand auch an dem heiter machenden Getränk kein Mangel. Man mußte dem Honig nur Wasser hinzufügen und schon begann er zu gären. Keine Frage, dass man über die entsprechenden Rezepte verfügte.

Der feucht-fröhlichen Feier mit vielen Teilnehmern stand danach nichts mehr im Wege. Der Spaß stand dabei allerdings nicht an erster Stelle. Immerhin verbanden sich lebenslang nicht nur zwei Menschen, die sich liebten sondern vor allem zwei Sippen. Sich mittels eines veritablen Besäufnisses zu verbrüdern, galt schon seit eh und je als Erfolgsrezept.

So bestimmte das babylonische Recht, dass die Eltern der Braut dem dem Bräutigam nach der Hochzeit einen ganzen Monat lang mit Met versorgen mußten. So wollte man ihn bei Laune halten und wohl verhindern, dass er es sich noch einmal anders überlegte und wieder absprang.
Ähnlich war es bei den Germanen. Bei deren Hochzeitsfeiern floß der Met in Strömen. Dabei ging es nicht primär um eine allgemeine Verbrüderung. Einerseits baut Alkohol Hemmungen und Vorbehalte ab und läßt andererseits den Lustpegel anschwellen. Das ist bekanntlich bis heute so. Damals schuf der Konsum von Met die besten Voraussetzungen, dass die Braut schnell schwanger wurde. So wurde sichergestellt, dass der mit göttlicher Autorität versehene gesellschaftliche Auftrag erfüllt wurde: „Seid fruchtbar und mehret euch“.

Womit wir in die Welt des Alten Testamentes eingetaucht sind. Den Israeliten war von ihrem Gott ein Land versprochen worden, in dem Milch und Honig fließt. Ohne auf dieses Bild hier näher einzugehen: Statt Wasser nahm man in alter Zeit Milch, um die Gärung des Honigs einzuleiten und so Met zu produzieren. Wasser war in der Wüste mitunter ein knappes Gut, aber ein Schaf oder eine Ziege waren schnell gemolken. An Honig bestand ohnehin kein Mangel.

Um wieder auf die Germanen zurückzukommen: Deren exzessiver, hochzeitlicher Metkonsum konnte schon mal schlimme Folgen zeitigen. Womit auch die schönsten politischen Pläne auf der Strecke blieben. So sollte der Hunnenkönig Attila 453 n. Chr. die germanische Prinzessin Ildigo ehelichen. Alles war auf’s Schönste arrangiert. Doch man fand Attila nach der Hochzeitsnacht mit seiner Angetrauten erstickt im Brautgemach. Als Ursache darf ein exorbitanter Konsum von Met angenommen werden. Womit der Honeymoon sein abruptes Ende fand.