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5.10.20 Bienengespräche

„Tschüs, lebt wohl ihr Bienen. Hoffentlich sehen wir uns im nächsten Jahr wieder.“ Mir war wehmütig ums Herz.

Dafür gibt es auch objektive Gründe. Immerhin befinden sich in meinem mehrere Stents; ein paar Zentimeter höher direkt unter der Haut auch ein Herzschrittmacher. Alles Gründe, die eigene Lebenserwartung nicht mehr in Jahrzehnten zu bemessen. Aber daran dachte ich in dem Moment gar nicht.

Die spätsommerlichen Arbeiten an den Bienen waren abgeschlossen. Die Varroa-Milben in zwei Anläufen mit Ameisensäure dezimiert und die Völker schlußendlich mit einigen Kilo Maissirup eingefüttert Jetzt mußten nur noch die Futterkisten heruntergenommen werden.

Den Hut mit dem Stichschutz hatte ich dafür gar nicht aufgesetzt. Was sich da im Zeitlupentempo über die Waben bewegte, waren die langlebigen Winterbienen. Die hatten peu a peu ihre tüchtigen, sommerlichen Schwestern abgelöst. Deren Lebenserwartung erstreckt sich über knapp 40 Tage.

Die langlebigen Winterbienen dagegen müssen bis um Frühjahr das Volk über unwirtliche Monate bringen. Dafür stärken sie sich noch in diesen Herbsttagen. Gerade bei der in diesen Tage günstigen Witterung futtern sie kräftig proteinhaltigen Pollen. Immerhin hängt an ihrer Fitness das Überleben des ganzen Bien.

Unsichtbare Feinde wie Viren, Bakterien und Pilze dürfen dem nicht den Garaus machen. Genauso wie hungrige Mäuse und Spechte, die unablässig versuchen, sich Zugang in die Schatzkammern mit den süßen Energiespendern zu verschaffen.

Mein Wunsch, die Bienen im neuen Jahr wiederzusehen, ist so verstanden auch Ausdruck meines Respektes vor den Gefahren, in denen sie sich bewähren müssen. Unterstützen kann ich sie dabei nicht mehr.

Sich von Ihnen mit einem Gruß zu verabschieden, mag als metaphorischer Ausdruck der imkerlichen Bienenliebe verständlich sein – doch können Bienen überhaupt hören? Über Ohren, gar Trommelfälle oder andere Hörorgane verfügen sie jedenfalls nicht. Vergleichbar den Würmern in der Erde. Über die nach allerlei Versuchen Charles Darwin 1881 dekretierte: „Würmer haben keinen Gehörsinn“.

Doch da irrte der große Naturforscher. Würmer verfügen über spezielle Druckrezeptoren, mit deren Hilfe sie Druckwellen spüren, auf die sie dann blitzschnell reagieren können. Gärtner und Angler auf der Suche nach Ködern können die Wirkung jener Druckrezeptoren bestätigen.

Was wir Hören nennen, ist schlicht die Umwandelung von Schall in Schwingungen. Unser Trommelfell ist also im Prinzip auch nicht so viel toller als die Druckrezeptoren des Wurms.

Bienen spüren den Schall am ganzen Körper mit ihren Antennen d.h. den sechs Beinen und ihren Körperhärchen. Bienen sind also im wahrsten Sinne des Wortes ganz Ohr. Sie „Hören“ nicht nur, sondern erzeugen auch „Töne“. Mit 250 Schwingungen pro Sekunde (250Hz) generieren sie die Bienen im Schwänzeltanz. Mit dem übermitteln sie ihren Schwestern hoch differenzierte Informationen. Etwa, welches Trachtfeld abgeerntet ist und wo sich in welcher Entfernung ein neues befindet. Das alles im dunklen Bienenstock lediglich durch Vibration.

Ach, denke ich, was sie wohl beim Schall meiner Stimme erfahren. Ob sie die wiedererkennen, wenn ich die Zarge irgendwann wieder öffne und zu ihnen spreche? Vielleicht können sie sogar mit ihrer hochdifferenzierten Pheromon-Wahrnehmung lernen mich als ihren Freund zu „riechen“? Bei den Winterbienen jedenfalls besteht die Chance dazu.

Imkerliche Spinnereien? Gemach. Dass Bienen lernfähig sind, ist ein alter Hut, s. Schwänzeltanz. Dass man bisher so wenig von Beziehungen der Bienen zu Menschen gehört hat – liegt das an den Bienen oder vielleicht an der Ignoranz und Phatasiearmut der Zweibeiner?

Neulich las ich von einer Netflix-Sendung. Dabei – ich gebe es zu – wurden mir die Augen feucht

Da tauchte vor der südafrikanischen Küste der Tierfotograph Craig Foster ein Jahr lang täglich ins knapp 10 Grad kalte Wasser und baute eine wunderschöne Beziehung zu einem Oktopus-Weibchen auf. Er nennt sie My Octopus-Teacher. Doch sehen Sie selbst. Hier der Trailer

Seien wir ehrlich: Sie und ich hätten es vor dem Film nicht für möglich gehalten, dass eine solche Beziehung überhaupt möglich ist. Kein Wunder, wenn man in Tieren bestenfalls Fleischlieferanten oder, wie in unserem Fall, Honigproduzenten sieht.