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19.2.18 Erlösung von allen Übeln

Den Artikel aus der „Süddeutschen“ über Clean Eating (wir wußten bisher gar nicht, dass es so etwas gibt) haben wir mit Genuss gelesen. Daran wollen wir auch Sie teilhaben lassen.

Marten Rolffs Beitrag darf man auch als flankierende, ironisch eingefärbte Wortmeldung zu der Biofachmesse lesen, die gerade in Nürnberg ihre Tore geschlossen hat. Die nennt sich selbst „Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel“. Man mußte nicht persönlich an die Stadt mit dem Christkindl-Markt reisen, um den religiös verbrämten Charakter der Bio-Welt zu erkennen. Nicht mehr Linderung von allerlei Leiden wird da verheißen, sondern jetzt wird die Erfüllung der uralten Sehnsucht selbst versprochen: „…und erlöse uns von dem Bösen“. Du mußt nur das richtige kaufen und essen. Wer Bio erwirbt und sich einverleibt wird nicht nur sauber, sondern rein; porentief rein von allen Sünden, die uns in einer vergiftenden Umwelt bedrohen. Dafür darf nichts zu teuer sein.

Zurück zu Marten Rolffs Artikel. Wir blieben amüsiert an der Frage hängen: „Ein Bild von kohlenhydratfreien Salat-Bowls als Triebwerk des eigenen Selbstwerts?“ Dann sein Fazit: „Beeindruckender lässt sich der Demutsgedanke, der in der Bergpredigt ursprünglich mit dem Fasten verbunden wird, nicht ins Gegenteil verkehren“.

Diesen Hinweis halten wir für bemerkenswert und nehmen deshalb den Faden auf. Jesus, der auf dem Berg zu seinen Anhängern pedigte, verlangte keinerlei Fastenaktionen. Die Vorstellung, das Heil durch Verzicht zu erlangen, ist in seinen Augen nahezu abwegig. Wobei er selbst durchaus fastete, einmal sogar 40 Tage lang. Aber das hielt er wie auch die spätere Christenheit für eine eher persönliche Angelegenheit.

Einen Rat hat aber Jesus dennoch für alle Fasten-Freunde. In Matthäus 6,16-18, eben jener berühmten Bergpredigt, lesen wir: „Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn dahin. Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten“. Der springende Punkt ist: Mach‘ mit deinen noch so beeindruckenden Fastenübungen kein Theater, weder vor dir selbst noch vor anderen Menschen. Es bringt dir nichts, im Gegenteil: Du kommt so „weiter von dem Ziel“, um es mit Matthias Claudius zu sagen.

Doch eine kritische Anmerkung schulden wir Marten Rolff am Schluß. Er schweigt sich zum Thema Honig aus. Dabei ist der doch das „sauberste“ unter allen Lebensmitteln. Aber vielleicht wollte der Autor nicht den verqueren Zorn unter seinen veganen Lesern provozieren? Dabei tritt er doch sonst durchaus in das eine oder andere Wespennest.

Doch vielleicht recherchiert Rolff bereits für einen umfassenden Bio-Honig-Beitrag in der „Süddeutschen“. Schön, wenn es so wäre.