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29.1.17 Manuka, immer superer

Wir dachten, wir wüßten schon alles über Superfood. Doch das hat sich als Irrtum herausgestellt. Was bisher schon alles möglich war, fast ein Artikel in der „Welt“ schön zusammen. welt.de
Wer es schafft einen neuen Trend zu kreieren hat die Nase vorn. Dabei gilt es, sich ausschließlich an den Kundenwünschen zu orientieren. Gesundheit & Schlankheit stehen in allen Marketing-Umfragen ganz oben. Wer erfolgreich verkaufen möchte, muss die entsprechenden Produkte unter einem neuen, knackigen Begriff auf den Markt bringen. Superfood ist so einer.

Superfood hat sich innerhalb kurzer Zeit erfolgreich etabliert. Ein schönes Beispiel bildet der Hype um Quinoa und Amaranth , vor allem aber um den Chia-Samen. Der galt lange Zeit als Viehfutter. Von ihm wurden durch den deutschen Lebensmittelhandel 2013 schlappe 20 Kilo verkauft. Zwei Jahre später waren es gewaltige 663 t. Wenn man die Menge auf Kilogramm umrechnet, erkennt man die wahre Dimension der Steigerung: 663.800 kg. Merke: Es hängt immer an den Begriffen. Bert Brecht sprach von Begriffen als Griffen. Mit denen werden Dinge und Verhältnisse in Bewegung gesetzt. Den exorbitanten Erfolg von Chia-Samen schuf erst der Begriff “Superfood”.

Chia klingt geheimnis- und damit reizvoll. Aber erst die Übersetzung »Kraft« belegt das Versprechen, dass mit diesem Samen daherkommt. Es sind die darin enthaltenen Antioxidantien, Proteine, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und Omega-3-Fettsäuren – also alles Bestandteile, die wir schon länger als überaus gesund kennengelernt haben. Natürlich wird Chia auch eine heilende Wirkung für alles mögliche attestiert. Begeisterte Konsumenten beschrieben die vermeintlich eingetretenen Wirkungen. Die »Welt« zitiert Angela Clausen von der NRW- Verbraucherzentrale. „Dabei überwiegen Anekdoten und Erfahrungsberichte“, schreibt sie in einem Untersuchungsbericht. „Scharlatanerie ist weit verbreitet.“

In der allerdings scheint noch viel Luft nach oben zu sein. Einige ganz Schlaue haben nun versucht, die Begriffe Superfood und Manuka-Honig zu kombinieren (Googeln Sie mal Manuka-Honig + Superfood). Das müsste doch eigentlich, so die Strategie, ein Riesenerfolg werden. Geballte Energie von super Heilkraft, super Gesundheit und super Stimmung.

Und so liest sich denn das Heilsversprechen: instyle.de
» Wer bei Honig nur an Omas Hausmittel gegen Erkältung denkt, der sollte jetzt gut aufpassen: Honig gilt als das neue Superfood und ist ein wahrer Beautybooster für Haut, Body und Haare. Der aktuelle Honig-Hype dreht sich dabei vor allem um den wertvollen Manuka-Honig aus Neuseeland«. Nun kenne ich nicht Ihre persönliche Glaubenskraft. Die muss aber gar nicht sehr groß sein, um die Berge in die gewünschte Richtung zu versetzen. Gute Stimmung und das Investment von ein paar Hundert Euro bringen Sie dem Ziel ganz sicherlich näher. In einem alten Kirchenlied heißt es: „Laß ruhn zu deinen Füßen / dein armes Kind/es will die Augen schließen / und glauben blind“. Doch irgendwann werden auch Sie ernüchtert aufwachen, aber dann erwartet Sie ganz bestimmt die nächste Super – Verheißung. Es sei denn, Sie reagieren wie das kleine Mädchen in „des Kaisers neue Kleider“, das laut rief: „Der hat ja nichts an“. Da war der Spuk verflogen.

So oder ähnlich wird die Superfood-Story enden. In der alten/neuen Welt aber helfen Omas bewährte Hausmittel durchaus. Auch im übertragenen Sinne. Mein Lieblingsschriftsteller Theodor Fontane formulierte es im “Stechlin” so: “Lieber mit dem Alten, soweit es irgend geht und mit dem Neuen nur, soweit es irgend muss”. Schärfer formulierte es der Philosoph Robert Spaemann: “In Dingen des richtigen Lebens könnte nur das Falsche wirklich neu sein”. Man muss sich also wieder einmal entscheiden, entweder für das Neue oder für das Richtige. Also Oma gegen Superfood.