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3.10.16 Honig statt Zucker

Kürzlich erschien in der FAZ einen Artikel zum Dauerbrenner Zucker.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/familie/wie-erklaere-ich-s-meinem-kind/kindern-erklaert-warum-zucker-schaedlich-ist-14449280.html
In einem der Leser-Kommentare dazu fand ich den Link zu einem Artikel aus der Neuen Zürcher Zeitung mit dem gleichen Thema:
http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/zucker-das-boese-ist-zurueck-ld.82611
Hier geht es vor allem um neuere Entwicklungen in den USA. Man lese und staune: Dort bekennt man sich zunehmend zum traditionellen Zucker und preist ihn als »natürliches Lebensmittel«. Das ist natürlich dummes Zeug. Gewiss, Zuckerrüben sind sein Ausgangsprodukt. Aus denen macht eine Fabrik das weiße und wertlose, rieselde Zeug. Aber man sollte sich schon mal wappnen, denn der Trend wird auch irgendwann zu uns herüberschwappen.

Honig wird nicht erwähnt

Beide Artikel zum Thema Zucker sind nicht nur gutgeschrieben sondern lesen sich auch spannend. Doch der Imker stellt verblüfft fest, dass Honig im Zusammenhang der Zuckerdebatte gar nicht erwähnt wird. Vielleicht, weil er eine zu vernachlässigende Größe ist? Wenn es um statistische Mengen geht, ist er in der Tat kaum der Erwähnung wert. Der Jahresverbrauch von Zucker lag 2012/2013 in Deutschland bei 32,1 kg pro Person, der von Honig im Jahr 2010 bei rund 1,4 Kilogramm.
Haushaltszucker, der aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr hergestellt wird, ist ein leerer Energieträger. Er besteht fast ausschließlich aus Saccharose. Das ist ist ein Zweifachzucker (Disaccharid), der sich aus Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucher (Fruktose) zusammensetzt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde Saccharose nur in verschwindend geringen Mengen konsumiert, weil es schlicht kaum welche gab. Mit dem wenigen, das in Gemüse, Obst und Honig vorkommt, wurde der Organismus schadlos fertig. Die Lage änderte sich dramatisch, als durch die industrielle Herstellung von Zucker plötzlich Saccharose die Körper überschwemmte. Deren Problem besteht darin, dass dieser Mehrfachzucker im Rahmen des Stoffwechsels erst in seine Einzelteile, sprich die Einfachzucker Glukose und Fruchtzucker, aufgespalten werden muss. Das ist für den Körper unerhört beanspruchend.

Bei Honig sieht das ganz anders aus. Er besteht vor allem aus den Einfachzuckern Glukose/Traubenzucker und Fructose/Fruchtzucker. Beide Arten sind sowohl für die Bienen als auch für den Menschen gut zu verdauen, weil sie nicht erst im Körper aufgespalten werden müssen. Sie machen durchschnittlich ungefähr 70% der Inhaltsstoffe von Honig aus. Die in ihmenthaltenen restlichen Zuckerarten sind sog. Zweifachzucker, wie Maltose und Saccharose. Mit letzteren werden die Körper der Bienen ganz anders als der menschliche Organismus spielend fertig, weil der Honig bereits Enzyme wie Invertase und Diastase enthält. Die bewirken, dass der weniger gesunde Zweifachzucker Saccharose abgebaut und in Fruchtzucker und Traubenzucker umgewandelt wird. Wie gesagt: Sie gehen direkt ins Blut und schaffen so unmittelbar Energie.
Sie kennen das bestimmt vom eigenen Schokoladenkonsum: Erst ist man ein Stück, sagt sich, jetzt Schluss und gibt doch erst Ruhe bis die ganze Tafel im Körper verschwunden ist. Bei Honig ist das anders. Es ist, als ob eine eingebaute Bremse von einer bestimmten Menge an den weiteren Konsum stoppt. Versuchen Sie einmal mehrere Teelöffel Honig nacheinander zu essen. Bei Dreien ist in der Regel Schluss. Sieht man sich allerdings unter dem Strich die Energiebilanz an, dann enthalten 100 g Honig 300 Kilokalorien, während 100 g Schokolade mit 500 Kalorien deutlich höher zu Buche schlagen. Oder nehmen Sie die berühmte süße Limonade, die etwa 13 Stücke Würfelzucker enthält. Welch ein Berg an Energie gegenüber den paar Teelöffel Honig, die auch ein bewegungsarmer Körper locker wegsteckt.

Die Bedeutung von Honig für den Organismus begreift man aber erst, wenn man ihn von seiner Komplexität her versteht. In ihm sind z.B. sog. Inhibine enthalten. Das Ist eine sehr allgemeine Bezeichnung für Wirkstoffe, die einerseits das Wachstum von Keimen hemmen und andererseits eine antiphlogistische, sprich entzündungshemmende und heilende Wirkung entfalten. Die Gruppe der Inhibine schafft auch eine verbesserte Verdauung. Wie alle im Honig enthaltenen ca. 200 Stoffe im Einzelnen wirken, ist meist noch unbekannt.

Um auf die Frage der FAZ zurückzukommen, wie man den Zuckerkonsum bei Kindern minimieren kann, lautet die Antwort: Nicht verbieten sondern zu Honig umleiten. Die Vorliebe für Süßes und Fett gehört zu unserem evolutionären Erbe. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Doch Honig kann die Begierde befriedigen, ohne den Körper zu schädigen. Ermuntern Sie Ihr Kind, statt nach der verpönten Bonbontüte zu geifen, einfach einen Teelöffel Honig zu essen; es können auch zwei oder drei sein. Machen Sie es selbst genauso. Sie wissen ja: Der Mensch lernt durch Identifikation und Imitation. Wie gesagt, Honig wirkt gesundheitsfördernd und stressminimierend. Packen Sie Ihrem Kind vor der nächsten schweißtreibenden Klassenarbeit ein kleines Glas Honig und einen Teelöffel in den Schulranzen. »Wenn dich dein Lehrer fragt, was das denn soll, sag ihm einfach: das ist meine Medizin, zieh dir einen Löffel genüsslich rein und konzentriere dich dann auf deine Arbeit«.