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25.12.17 Bienen-Weihnacht

Schreibt man an einem Bienenblog, taucht natürlich die Frage auf, was denn Weihnachten mit den Nektarsammlerinnen zu tun hat. Jedenfalls mehr, als es auf den ersten Blick scheint.

Zu erst geht es um den Termin. Die Heilige Nacht vom 24. zum 25. Dezember als Jesu Geburtstag stände gewiss nicht im Familienstammbuch von Maria und Joseph, wenn es denn solches schon gegeben hätte. Was die Bibel über die Geburt des Kindes im Stall von Bethlehem berichtet, sind durchwegs fromme & wunderschöne Legenden. Anders herum gefragt: Wären wir tendenziell reicher oder ärmer, wenn es sie nicht gäbe?

In unsere Kalender gelangte der Weihnachtstermin durch einen Schachzug des römischen Kaisers Konstantin in Verbindung mit den aufstrebenden christlichen Gemeinden. Im Reich feierte man an dem Tag in unterschiedlichen Kulten den Sol invictus, d.h. den unbesiegbaren Sonnengott (im Lateinischen wie Französischen ist Sonne männlich). Gerade der Mithraskult erwies sich damit als höchst gefährlich für das junge Christentum. Die Gefahr beseitigte Konstatin, in dem er der neuen Religion den Status einer Staatsreligion verlieh. Unter seiner Führung dekretierte das Konzil von Nicäa im Jahre 325, dass die Geburt Christi am 25. Dezember zu feiern sei. Was wir, sowie Aldi & Co. bis heute unbeirrt tun. Statt Sol invictus also die Geburt im Stall von Bethlehem.

Der unbesiegbare Sonnengott ist tot, geblieben aber ist die Erinnerung an die Wintersonnenwende. Vom 25. Dezember an werden die Tage wieder länger – endlich. Die Bienen – womit wir wieder bei ihnen wären – merken das als erste. Wenn Imker beobachten, dass die Völker Anfang Januar in die Brut gehen, begann das neue Leben im Stock schon Tage vorher. Bienen orientieren sich an der Sonne. Genauso werden sie am 21. Juni, dem Tag der Sommersonnenwende, langsam aber sicher wieder aus der Brut gehen.

Weihnachten wurde Christus geboren. Wie es so schön heißt, von der Jungfrau Maria. Die wurde auch als Bienenstock oder Bienenkorb tituliert und ihr Sohn als Biene. Über Jahrhundert hielt sich der Titel „Christus die Biene“ oder „Christus der Bienenkönig“. An der Spitze eines so einzigartigen Systems wie dem der Bienen, könne doch nur ein Mann stehen, gell? Sein Titel: Der Weisel, d.h. Anführer, König usw.

Getragen wird das durch die antike Vorstellung, dass die Bienen ihre Brut nicht zeugen, sondern von Blüten einsammeln. So wurden die Bienen zu einem Symbol der Jungfräulichkeit und Keuschheit.

Den philosophischen Hintergrund lieferte Aristoteles. In dem wohlgeordneten Reich seien es die kleineren Arbeits-Bienen, die einen Stachel besäßen. Sie sind von den körperlich weit größeren, doch stachellosen Drohnen zu unterscheiden. Die wiederum von den Königen oder Herrschern. Die besäßen zwar einen Stachel, würden ihn aber nicht benutzten. Bei dem Adventschoral „ Tochter Zion freue dich“ darf man sich daran erinnern lassen: „Hosianna, Davids Sohn, sei gegrüßet, König mild!/Ewig steht dein Friedensthron, du des ewgen Vaters Kind./Hosianna, Davids Sohn, sei gegrüßet, König mild!“

Aristoteles wies im Übrigen die Annahme zurück, dass Königin und Arbeitsbienen weiblich und die Drohnen männlich seien, weil die Natur den Weibchen einerseits keine als Waffen zu gebrauchenden Stachel mitgebe. Andererseits könnten
die Arbeitsbienen auch nicht männlich sein, weil sie sich so um ihren Nachwuchs kümmerten, wie es die Natur nur für das weibliche Geschlecht vorgesehen habe. Eine bestechende Logik, oder? Die hielt sich bis ins hohe Mittelalter, in dem Aristoteles hoch im Kurs stand.

Theologen malten das Bild vom Bienenkönig und der Jungfrau Maria als Bienenkönigin immer detailreicher aus. Der Heilige Augustinus erklärte kurz und bündig. „Die Bienen lieben ihren König, die Gerechten Christus. Die Bienen bauen Waben, die Gerechten arbeiten an der Kirche“.

Dabei blieb es, bis eines Tages aus dem Weisel die Weisel wurde und das ganze schöne System von der Jungfräulichkeit der Bienen zusammenbrach. Das kam so: Der Niederländer Jan Swammerdam (1637-1680) erforschte u.a. Bienenköniginnen unterm Mikroskop. Er bewies, dass sie Eierstöcke besitzt und das einzige fortpflanzungsfähige Lebewesen im Bienenstock ist. Einer der Ersten, der den Bienenkönig im Jahr 1586 als »weiblichen Eierleger« bezeichnete, war der Spanier Luys Mendez de Torres. Wenig später kam der englische Bienenzüchter Charles Butler in seiner »The Feminine Monarchie“ 1609 zu einem ähnlichen Schluß: An der Spitze eines Bienenvolkes steht kein König sondern eine Queen. Und die ist gar nicht so mild, jedenfalls gegen ihresgleichen. Jeder Imker weiß heute: Schlüpfen mehrere Königinnen annähernd zur gleichen Zeit, beginnt ein Kampf, der erst dann endet, wenn eine der beiden tot herabsinkt.

Was heißt das alles nun für das Verständnis von Weihnachten? Gewiß, die schönen Bilder von „Christus der Biene“ und „Maria dem Bienenstock“ sind geschichtlich überholt. Keiner wird sie mehr entstauben wollen. Aber eine schöne Erinnerung bleiben sie allemal. Weil hinter ihnen etwas vom bleibenden, unerklärlichem Geheimnis und Zauber von Weihnachten aufleuchtet. Wie ein Transparent mit allen Figuren vom Stall in Bethlehem, das wir unter dem Weihnachtsbaum aufstellen. Dahinter drapieren wir eine Kerze. Die läßt mit einem mal alles in wunderschönen Farben aufleuchten.

Wie auch die aufgehende Sonne, die ab jetzt von Tag zu Tag länger scheint, uns daran erinnert, dass es trotz aller Kälte um uns herum zunehmend licht wird. Die Bienen jedenfalls sind davon durchdrungen. Man kann eben auch zu Weihnachten von ihnen lernen.