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8.1.18 Honigpanscherei

Ob die neue Netflix-Dokumentation „Verdorben“ das Zeug für eine neue “Debatte über die Zustände in der Lebensmittelbranche besitzt? Wir bleiben skeptisch. Aber lesen Sie selbst.

Immerhin gefällt Bienenliebhabern wie uns, dass die erste von insgesamt sechs Episoden des Streamingdienstes den Titel trägt: “Anwälte, Waffen und Honig”. Das klingt nicht nur nach Mafia, sondern es geht in der Tat um weltweit agierende Honig-Kriminelle.

Nach den USA leben in Deutschland die meisten Honigkonsumenten. Deren Kaufentscheidung bestimmt der Preis. Da möchte man gar nicht so genau wissen, wie der zustande kommt. Genau wie bei Schweine-, Rinder und Geflügelfleisch. Natürlich weiß jeder, dass ein Bio-Ei zu dem verlangten Preis kaum produziert werden kann. „Unsere täglich Illusion gib uns heute“, scheint das Gebet vieler Verbraucherinnen und Verbraucher zu lauten. Erst wenn die sich den Schlaf aus den Augen reiben und die Frage sich nicht mehr abweisen läßt, wie 500 Gramm Honig um die 3,00 € auf den Markt gelangen können, wird sich etwas ändern.

Wo bleibt die Lebensmittelkontrolle angesichts der kriminellen Honigpanscherei, lautet der Entrüstungsschrei der auf’s Glatteis geführten Konsumenten? Durch Netflix erfahren wir: Die Kontrolleure können sich noch so viel Mühe geben, die Kriminellen wissen durch immer raffiniertere Verfahren ihren Vorsprung vor den öffentlich-rechtlichen Verfolgern zu wahren.

Hoffnungslose Zustände? Zur Erinnerung: Auf dem europäischen Weinmarkt sah es noch vor Jahren ähnlich trist aus. Erst klare gesetzliche Bestimmungen über die Herkunfts- und Inhaltsangabe brachten die Wende. Man muß sich nur einen Ruck geben, und diesen Mechanismus auf den Honig-Markt übertragen. Auf dem Honig-Etikett müßte die Werbeprosa verschwinden und nachprüfbare Angaben zu finden sein. Etwa: Wo und von wem wurde der Honig produziert, in welchen Mengen usw. Die Durchnummerierung von Honig-Gläsern verlangt keinen höheren Aufwand wie die von Weinflaschen.

Vor allem aber gehört auf jedes Honigglas als Mindeststandard das Jahr der Erzeugung. Wer das verweigert – und das sind praktische alle großen Anbieter – setzt sich dem Verdacht aus, direkt oder indirekt vor den Honig-Panschern einzuknicken oder zumindest die Augen vor ihren Machenschaften abzuwenden. Oder noch schlimmer: Augenzwnkernd mit ihnen den Markt abzugrasen.