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6.1.17 Schwabenstreich

Imker können autistische Rechthaber sein. Läuft bei ihnen etwas schief, sind sie schnell mit Vorwürfen gegen wen auch immer bei der Hand. Wenn sie dann auch noch Schwaben sind, reagieren sie, als ob sie im Tierkreiszeichen des Steinbocks geboren wären.

So starben bei dem Kollegen Markus Weber eine Reihe von Völkern. Er hatte auch einen Verdacht, wer daran die Schuld trägt. Beides teilte er seiner örtlichen Zeitung mit. Um die Größenordnung des Desasters zu unterstreichen ergänzt er, dass auch andere Imker von einem unnormalen Bienensterben zu berichten wussten. »Unerklärliches Bienensterben« das Reizwort schreckt inzwischen jeden Journalisten inzwischen auf. suedkurier.de

Weber, Mitglied des des Bienenzuchtvereins Pfullendorf, wollte die Geschichte unbedingt an die große Glocke hängen. Also initiierte er einen Ortstermin bei seinen toten Bienen. Zu dem kamen neben dem Vorstand seines Vereines auch Vertreter des Landwirtschaft- und Veterinäramtes. Den versammelten Fachleuten teilte er auch umgehend seinen Verdacht öffentlichkeitswirksam mit: Die Landwirtschaft, in dem Fall der vergiftete Pollen eines nahen Senffeldes, das die Bienen angeflogen haben sollen.

Jetzt wurden die toten Bienen von den Fachleuten genau untersucht. Das Ergebnis fiel allerdings anders aus als von Imker Weber erwartet und wohl auch erhofft: Nicht die Landwirtschaft geriet auf die Anklagebank, vielmehr erwies sich die Varroamilbe eindeutig als schuldig an Imker Webers Bienentod. An der Stelle müsste der liebe Kollege eigentlich einen roten Kopf bekommen haben, denn damit ist er für den Tod der Bienen verantwortlich. Doch den Offenbarungseid erspart der stellvertretende Vorsitzende des Bienenvereins seinem Mitglied. Er hält einen Kurzvortrag, wie die Varroamilbe im Laufe des Jahres bekämpft werden muß. Fazit: “So kann man eine Reduzierung der Milbe um bis zu 90 Prozent erreichen”, erläutert der Experte, „was bei seinem Vereinskollegen Weber allerdings nichts genutzt hat«. Also noch Solidarität mit dem leidgeprüften Imker?

Doch niemand aus dem Expertengremium fragt den Schwaben-Imker, ob bzw. wie er die Varroamilbe überhaupt bekämpft hat. So entgeht er der Blamage, in dem die örtlichen Schwaben zusammen die Wahrheit unter den Tisch kehren. Die Zeitung berichtet schlussendlich von der peinlichen Veranstaltung: »Trotz des Rückschlages wird Imker Weber sein Hobby weiter ausüben«. Der hofft »dass seine Tiere genügend Nahrung finden. Dazu gehören Flächen, die insektenfreundlich bewirtschaftet werden, so wie es die Stadt Pfullendorf tue, lobt Weber die Verwaltung«. Ob der Hobbyimker in seiner grandiosen Ahnungslosigkeit etwas gelernt hat? Ich bin skeptisch. Schließlich: Ob die Schwabenimker überhaupt wissen, dass die Varroa-Milbe Viren wie z.B. das Flügeldeformationsvirus überträgt, gegen das es bis heute kein Mittel gibt? Auch das scheint nicht der Fall zu sein. Umso dringender bleibt die konsequente Bekämpfung der varroa destructor für jeden Imker.

Warum ich im hohen Norden von der Geschichte überhaupt berichte? Weil sie mir typisch für einen gewissen Trend zu sein scheint. Mit Vorwürfen gegen die Landwirtschaft ist man in der Imkerschaft schnell bei der Hand ohne selbstkritisch zu fragen, wo man selbst für das Absterben von Bienenvölkern die Verantwortung trägt.