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17.3.18 Aldi-Strategie

Zugegeben: Ein unappetitliches Bild. Die mumifizierte Ratte liegt oben auf einem Heusack, wo ich sie gestern entdeckte. Dorthin hatte sie sich zum Sterben zurückgezogen. Pech für sie, denn sie hatte offensichtlich dem von mir ausgelegten Gift nicht widerstehen können. Immerhin starb sie schmerzfrei an inneren Blutungen. Für mich steht fest: Ohne das Gift wäre in meinem Garten eine Hühnerhaltung unmöglich.

Anderes Bild. In meinem Keller hängt eine Leimtafel, auf der ich Wachsmotten fange. Ich gebe zu: Wenn eine darauf zappelt, genieße ich den Anblick. Ihre Überlebenschancen sind dort gleich Null. Eine weniger, die deine Waben zerstören können, sage ich mir dann.

Doch für die Motten tut mein Lieblingsdiscounter inzwischen etwas, wie vorher schon die Drogeriemarktkette dm. Jetzt kann ich die Schädlinge in meinem Keller mit guten Gewissen auf die Leimtafeln locken. Damit kein Mißverständnis entsteht: Das sage ich ohne jeden Zynismus. Aldi entrichtet einen gewissen Betrag vom Kaufpreis an eine Organisation, die sich für das Überleben von Bienen und Insekten engagiert. Mehr können Sie hier lesen”.

Ethisch betrachtet kann man Aldis Engagement nur begrüßen. Doch müßte der Ansatz nicht auf Gifte für Ratten, den großer Rapsstängelrüssler und Schmeißfliegen, um nur drei Beispiele zu nennen, ausgeweitet werden? Ich denke schon. Ein Leben ohne Schädlingsbekämpfung wäre illusionär. Andererseits gilt die Maxime Albert Schweitzers: „Ich bin. Leben, das leben will, inmitten von. Leben, das leben will“. Dazu muß man korrekterweise aber dann auch alle Lebewesen zählen, die wir unter dem eigentlich untauglichen Begriffe „Schädlinge“ subsumieren.

All die raffinierten Gifte kann ich in Gartencentern und im Agrarhandel kaufen, ohne dass die Händler vergleichbare Zahlungen wie Aldi leisten. Das sollten sie aber nach meiner Überzeugung. Nicht, damit Kunden wie ich sich ein gutes Gewissen erkaufen können. Doch damit alle den Stachel in ihrem Bewußtsein spüren: Auch sog. Schädlinge wie z.B. die Ratten in meinem Garten darf man eigentlich nicht so mir nichts, dir nichts vergiften. Nur weil ich keinen anderen Ausweg weiß, ist die Ausbringung von Giften ethisch noch lange nicht legitim. Doch möglicherweise vertretbar – wenn wir auf einer höheren Ebene für einen Ausgleich sorgen. Zumindest das sollte gelten: Wer mit Gift Tiere töten zu müssen glaubt, soll wenigstens für einen Ausgleich zahlen. Das gilt bis hinauf zu den Produzenten der tödlichen Mittel wie Bayer und Syngenta.

So oder so: Aldis Entscheidung regt über den konkreten Anlass hinaus zum Nachdenken an. Nicht mit dem Ziel, unsere Welt zu verbessern. Aber um Strategien zu entwickeln, dass sie nicht noch schlechter wird. Und dass nicht nur im Blick Bienen und Insekten.