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28.4.20 Corona Schatten

Die Männer, etwa Mitte der Fünziger, erschienen nacheinander. Wie überhaupt in diesen Tagen tauchte in den kurzen Gesprächen mit beiden auch das Corona-Thema auf.

Er habe von alten Freunden gehört, dass er hier heimatlichen Honig kaufen könne. Lange habe er sich in China und den USA aufgehalten. Nun sei er froh, dass er wieder zu Hause sei. An die Freundschaft zu den alten Schulkameraden konnte er zu seiner Freude wieder anknüpfen.

Seine Großmutter, schloss er nahezu nahtlos an, sei vor längerer Zeit verstorben, doch die Erinnerung an sie werde ihm immer wichtiger. Vier ihrer Brüder seien im Kriege gefallen. Zwei Mädchen seien aus der Ehe mit Ihrem Mann hervorgegangen. Der hätte als Steiger in einem Bergwerk gearbeitet. Eines Tages klingelte es an ihrer Tür und draußen stand ein Beauftragter seiner Firma. Er teilte der jungen Frau mit, dass ihr Mann tödlich verunglückt sei.

„Nie hatte sie geklagt – das sei ihm unvergesslich“ schloß er und verabschiedete sich mit seinen vier Gläsern Honig.

Günter dagegen kenne ich schon länger. Ich sagte ihm, dass ich das ganze Gerede von einem Neustart und dem Wunsch nach schneller Rückkehr in die normalen Vor-Corona Zeiten nicht mehr hören könne. Eine Änderung der bestehenden Einschränkungen wäre doch erst möglich, wenn ein Impfstoff verfügbar sei. Alle Fachleute seien sich einig, dass das erst im neuen Jahr vorstellbar sei. Also nach ca. 14 Monaten; Bill Gates, auf dessen Einschätzung ich viel gebe, rechne eher mit 18 Monaten.

„Bis heute gibt es keinen Impfschutz gegen das HIV-Virus“. Günters Einwurf wirkte auf mich wie eine kalte Dusche.Ich erinnere mich noch deutlich, wie man in vergangenen Aids-Zeiten auf die Entwicklung eines Imstoffes setzte – offensichtlich vergeblich.

Wo liegen die Gründe? Vielleicht, so überlegte ich, weil man sich statt mit Gesichtsmasken für alle effektiv mit kurzzeitig zu tragendem Penis-Schutz nur für Männer schützen könne? Vielleicht auch, weil der Virus nicht mehr tödlich wirkt und die Vorerkrankten mit Hilfe eines Medikamentencocktails überleben können? Vielleicht seien auch die Bemühungen erlahmt, weil die Millionen der Sponsoren fehlten bzw. Aids heute eher im südlichen Afrika als bei uns bedrängend sei?

Als sich Günter mit zwei Gläsern Honig verabschiedet hatte, googelte ich HIV und Impfschutz .
Da las ich: “Die Suche nach einem HIV-Impfstoff hat einen schweren Rückschlag erlitten. Die groß angelegte Studie HVTN 702 wurde abgebrochen, da kein Erfolg zu verzeichnen war”. Die Nachricht stammt vom Februar diesen Jahres.

Wenn, so frage ich mich beklommen, wenn die Bemühungen um einen Corona-Impfstoff ähnlich scheitern bzw. sich um Jahre verschieben sollten?