Blog

21.3.20 Befehl&Gehorsam

Herr Pfarrer, jetzt müssen Sie aber auch mal schießen. So Wehrpflichtige zu mir auf dem hessischen Schießplatz Schwarzenborn, genannt Blackborn City. Als Militärpfarrer hatte ich ein Düsseldorfer Bataillon Anfang der 80iger dorthin begleitet.

Nur ein paar Sterne leuchteten. Etwa 200 m vor uns der in Umrissen erkennbare Panzer. Auf den schoß einer nach dem anderen. Dann war ich dran. Das Rohr auf der Schulter, dann das Zielgerät und vorne die Haftladung. Herr Pfarrer, genau zwischen Turm und Wanne halten, zischte der leitende Offizier. Der erste Schuß flog knapp über den Panzer. Mit dem zweiten traf ich. Herr Pfarrer, da kommt keiner mehr raus.

Danach schoß ich nie wieder mit der Bazooka. Doch andere setzen die Bazooka nahezu lustvoll in der Coroanakrise ein. Allerdings passierte ihnen das gleiche wie mir: „Die Bazooka verfehlt ihr Ziel“ so die Headline im Finanzteil der FAZ vom 17. März.

Überhaupt staunt man, wie locker und flockig den Verantwortlichen die militärischen Metaphern plötzlich über die Lippen kommen – und keiner meckert. Da erklärt Bundesfinanzminister Olaf Scholz am 13. Mai vor der Bundespressekonferenz: „Wir wollen alles Mögliche tun, um die Krise zu meistern. Es wird nicht nicht gekleckert, es wird geklotzt“. Immerhin nutzt er damit die berühmte Redewendung von einem der fähigsten Panzerstrategen der Großdeutschen Wehrmacht. Im Original klingt sie bei Generaloberst Heinz Guderian allerdings ein wenig zackiger: „Klotzen, nicht kleckern“. Aber egal.

Peter Altmaier sprach von der Bazooka, die er einsetzen wolle. Und Scholz ergänzte: „Wir legen gleich alle Waffen auf den Tisch“. Um nicht mißverstanden zu werden: Uns stören die militärischen Metaphern nicht. Im Gegenteil. Wir sind davon überzeugt, das, wenn man sich schon mit dem Corona Virus im Krieg wähnt, das auch dann mit den entsprechenden Mitteln und dem Willen zum Sieg tun sollte.

Dazu bedarf es der Struktur von Befehl und Gehorsam. Das sollte der Bundeskanzlerin nicht fremd sein. Immerhin hat sie im Verteidigungsfall den Oberbefehl über die deutschen Streitkräfte inne. Den sollte sie analog dazu in der Abwehr des Corana-Virus entschlossen wahrnehmen. Also den nachgeordneten Kräften nicht erlauben herumzueiern und mal so oder mal so zu entscheiden. Sie haben – Pardon – zu gehorchen. Das werden sie auch tun, wenn man ihnen eindeutige Befehle erteilt.

Die Zeit von Bitten und Diskussionen ist abgelaufen. Jetzt muß die Bundeskanzlerin von allen Disziplin und Gehorsam einfordern. Am besten eisern. Disziplin gilt zu Recht als eine der wesentlichen deutschen Tugenden. Die Rede von Blut Schweiß und Tränen soll man anderen überlassen. Welche Wirkung Disziplin entfaltet, wenn man sie nur entschlossen einfordert, kann man im Spitzenfußball beobachten,

Doch viel Zeit bleibt nicht. „Militärisches Versagen läßt sich üblicherweise in zwei Worten zusammenfassen: Zu spät“. So der Stratege Carl v. Clausewitz (1780-1831, preussischer Generalmajor). Die Warnung vor Augen gilt es jetzt entschlossen zu klotzen und nicht zu kleckern.

Das Foto fand ich am 21, März in der FAZ. Es zeigt Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern der südbadischen BDH-Klinik Elzach. Schöner und bewegender kann man die alte militärische Metapher vom Stellunghalten nicht auf die Corona-Lage übertragen. Keine Frage: Sie alle haben den höchsten Orden der Republik verdient. Nicht irgendwann, wenn die Präsidialbrürokratie, alles überprüft hat, sondern sofort. Spätestens morgen. Klotzen, Herr Bundespräsident, nicht kleckern!