Die Umwelt der Bienen

Glyphosat

»Im deutschen Bier wurde Glyphosat nachgewiesen« berichtete ein Öko-Institut. Man konnte den Aufschrei förmlich hören. Die Bierbrauer hielten dagegen und bestritten die Behauptung. Natürlich habe ich keinerlei Kompetenz, um mich auf die eine oder andere Seite zu schlagen. Genauso wenig kann ich etwas dazu beitragen, ob das Unkrautvernichtungs- oder Pflanzenschutzmittel, wie es seine Produzenten verharmlosend nennen, krebserregend ist oder eher nicht. Umweltschützer wollen, so die neueste Nachricht, Glyphosat im Urin von Kindern und Erwachsenen nachgewiesen haben. Wiederum winken Experten ab; es gebe keine Gefahr für die Gesundheit. Vor ein paar Jahren konnte man lesen, dass das Gift in verschiedenen Proben von Muttermilch nachgewiesen wurde. Alles ganz harmlos? Die Lobbyisten winken ab: Die ganze Aufregung finde ihren Grund darin, dass demnächst die EU die Genehmigung für das Produkt verlängern wolle. Also alles eine unerhebliche Glaubensfrage?

Für den Gartenbereich wird Glyphosat von der Firma Monsanto unter dem Namen Roundup vertrieben. Auf dem grüngelben Behältnis heißt es unübersehbar „Roundup ist nicht bienengefährlich“.

Wenn ich jetzt behaupte, dass Glyphosat den Bienen erheblich schadet, möchte ich sofort anfügen, dass ich mit der Bemerkung auch nicht ansatzweise auf die chemische Zusammensetzung des Produktes selbst und seine unmittelbare Wirkung durch das Versprühen auf die Insekten ziele. Wie die chemische Keule den Bienen jedoch mittelbar schadet, konnte ich im letzten Jahr in meiner direkten Umgebung beobachten. Im Frühjahr versprühte ein Bauer das Mittel auf größere Teile seiner Felder. Dort wuchs wochenlang auch kein Hälmchen und kein Blümchen mehr. Bienen fanden hier buchstäblich nichts, genauso wenig wie Hasen, die es hier längst nicht mehr gibt.

Für Bienen wie für Blühpflanzen ist die Entwicklung besonders dramatisch. Die 100 Millionen Jahre währende Ko-Evolution zwischen Blüten und Honigbienen kommt damit definitiv an ihr Ende. Blüten benötigen für ihre Befruchtung die Bienen, die diese dafür mit dem duftenden Nektar anlocken. Bis zum Überdruss kann man lesen, dass die Bienen nach Kuh und Schwein das drittwichtigste Tier in der Landwirtschaft sind. Andererseits entzieht man ihnen ihre natürliche Lebensgrundlage. Der erste und entscheidende Schritt auf diesem Wege ist die Definition, was ein Unkraut ist. Die ist willkürlich, interessengeleitet und nimmt jedem möglichen Widerspruch von vornherein den Wind aus den Segeln.

Unwillkürlich assoziiert man Ungeziefer, das es ja auch zu bekämpfen gilt. Unkrautvernichtung erscheint so nicht nur als hinnehmbar, sondern als moralisch geboten. Einen besseren Türöffner für Glyphosat und die anderen marktgängigen Vernichtungsmittel kann man sich kaum denken.
Doch die ersten Opfer sind die Bienen, weil sie so flächendeckend ihre natürliche Lebensgrundlage verlieren. Da ist z.B. die Kornrade eine wunderschön blühende, jedoch giftige Pflanze. Bis vor 50 Jahren zierte sie nahezu überall Ackerränder und Felder. Durch die modernen Unkrautvernichtungsmittel ist die Pflanze heute so selten geworden, dass man sie auf die rote Liste der bedrohten Arten setzte. Die Kornrade erklärte man sogar zur „Blume des Jahres 2003“, um an den Erhalt des Kulturgutes Ackerwildkräuter zu erinnern. Das gleiche gilt für das Adonisröschen. Disteln gehören derzeit noch nicht zu den bedrohten Arten. Doch durch ihre konsequente Bekämpfung verlor der Stieglitz, auch Distelfink genannt, weitgehend seine natürliche Lebensgrundlage. Um einmal nicht von den Bienen, die auch für deren Befruchtung sorgen, zu reden. . Fragen Sie sich doch mal, wann Sie zum letzten Mal Klatschmohn gesehen haben, wie ihn noch die impressionistischen Maler auf die Leinwand brachten.

Eine besonders üble Verwendung von Glyphosat ist die sog. Sikkation. In meinen Augen ist der Begriff ähnlich konnotiert wie der sog. Kollateralschaden im militärischen Bereich; da kann es schon mal bei einem Luftangriff auf Terroristen passieren, dass ungewollt ein ganzes Krankenhaus in Schutt und Asche gelegt wird. Was da bleibt ist Schulterzucken und der Verweis auf das deutsche Sprichwort: Wo gehobelt wird fallen Späne. Sikkation heißt übersetzt Austrocknung. Da möchte man zum Beispiel Kartoffeln schneller und einfacher ernten. Also spritzt man ein entsprechendes Gift, damit das Kraut ratz fatz abstirbt. Ein für die Landwirtschaft willkommener Nebeneffekt ist die gleichzeitige Abtötung und Vernichtung von sog. Unkräutern. Wer einmal gesehen hat, wie von der Heilpflanze Kamille über mehrere Hektar hinweg nur noch vertrocknetes Kraut übrigblieb, dem treibt es die Tränen in die Augen. Es ist ein Irrsinn: Feldränder dürfen schon länger nicht mehr mit Unkrautvernichtungsmitteln traktiert werden, aber bei der sog. Sikkation wird alles pflanzliche Leben hektarweise vernichtet, doch die Kartoffelernte ist prächtig.
Glyphosat – das ist die Neutronenbombe im Dienste der Landwirtschaft.