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30.11.19 Wildlebende Bienen

Hier sehen Sie den Beweis für einen meiner nachgeplapperten Irrtümer. Schwärme, so meine Behauptung, die nicht von einem Imker eingefangen und versorgt werden, hätten in unserer Kulturlandschaft keinerlei Überlebenschance. Weil es in unserer auf wirtschaftliche Effizienz durchgetrimmten Landschaft eben schon lange keine hohlen Baumstämme etc. mehr gibt. Also kein Ort nirgends für Honigbienen in dieser Welt. Nur Imker wie ich können sie noch retten. Ein wahrhaft erhebender Gedanke. Allerdings nur für kurze Zeit, bis ich mich auf dem Boden der Tatsachen wieder fand.

Im Früjhahr tobte im Strümper Herrenwald ein gewaltiger Sturm. Eine Reihe hoher & alter Buchen knickten in der Nähe meines Standortes Schloß Pesch wie Streichhölzer um.

Später zerzägten Forstarbeiter die Stämme in transportierbare Segmente. Irgendwann im Sommer entdeckte ich dann das Stück eines aufgebrochenen Astes. Als ich näher hinschaute, sah ich diese Überbleibsel eines offensichtlich wildlebenden Bienenvolkes. Also doch, gestand ich mir ein.

Das Buch des begnadigte amerikanischen Bienenforschers Seeley (Thomas D. Seeley: Auf der Spur der wilden Bienen 2017) hatte ich mir seinerzeit gekauft, nachdem ich mehrere Beiträge von ihm in einer deutschen Imkerzeitschrift gelesen hatte. Damals ging ich noch davon aus, dass die Suche nach frei lebenden Bienenvölkern nur in den USA mit ihrer noch weithin unberührten Natur Aussicht auf Erfolg habe.

Auch diese Einschätzung erwies sich als falsch, als ich in die Reportage von Andrea Voit in bienen & natur 10/2019 las. Sie hatte Sebastian Roth begleitet, der seit Jahren wild lebende Bienenvölker im Raum München aufspürt und beobachtet.

Die Standorte verzeichnet er auf der Webseite beetrees.org. Sowohl bei dem Besuch der gründlich informierenden Webseite als auch in dem Interview selbst erfährt man, dass Roth beileibe nicht der einzige ist, der wilde Honigbienenvölker aufspürt.

Genau wie Thomas Seeley lockt er die Bienen mit Zuckerwasser an. Dann berechnet er ihre Flugzeit (Roth arbeitet als Informatiker) und versucht ihr Nest aufzuspüren. Durchaus mit beachtlichem Erfolg. An 50 Stellen haben Roth und ein Mitstreiter im Raum München solch wild lebenden Bienenvölker entdeckt.

Die beobachtet Roth anschließend in regelmäßigen Abständen. Dabei haben er und sein Freund festgestellt, dass allerdings nur wenige Kolonien den Winter überleben. Das ist einmal ein ganz normaler Prozess. Allerdings spielt auch hier die Varroamilbe eine verhängnisvolle Rolle.

Doch vielleicht ergibt sich auf dem Hintergrund der verschiedenen Beobachtungen ein neuer Forschungsansatz? In einem Monitoring–Prozess ließe sich womöglich gezielt ermitteln, warum gerade frei lebende Bienenvölker trotz Belastung durch den Parasiten überleben – wenn es denn so ist.