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9.5.20 Rheinschwarm

Als ich am späten Abend den in seine neue Kiste einquartierten Schwarm in meine Ape trug, zog mich sein Gewicht regelrecht herunter. Geschätzte 3 kg. Eher mehr. Ob ich nicht übertreibe, wie es zur Identität bei Anglern, Jägern und Imkern gehört?

Der Anruf erreichte mich am frühen Nachmittag. Der Inhaber des Camping-Platzes an der Ilvericher Fähre meldete sich ganz aufgeregt: An einem Baum hängt eine Riesentraube mit Bienen – und es werden immer mehr. Da ich mich an meinen Imkerkurs erinnerte, dass auffällig viele Imker beim Bergen eines Schwarms tödlich verunglücken, erkundigte ich mich zuerst nach dessen Höhe. Wenn ich eine kleine Leiter mitbringe, sollte die reichen, lautete die beruhigende Antwort.

Schon ärgerlich, dass du an deiner Ape kein Blaulicht wie Kojack anbringen kannst, sagte ich mir bei der Anfahrt. Der Mann vom Campingplatz hatte wirklich nicht übertrieben.

Im Laufe der Jahre habe ich schon einige Schwärme gefangen, aber der hier schlug alle schon durch seine schiere Größe.

Also Eimer und Abperrgitter bereitgestellt, dann auf die Leiter, Eimer in die Linke Hand und mit rechts kräftig am Ast geschüttelt. Den schweren Eimer schnell abgestellt, Absperrgitter darüber –fertig.

Doch ein Blick zurück an den Ast zeigte mir, dass dort noch ein mal so viele Bienen in einer Art zweiter Traube hingen. Ob ich wohl die Königin erwischt hatte? Da ich mir nicht sicher sein konnte fuhr ich nach Hause und holte einen weiteren Eimer plus Absperrgitter.

Jetzt konnte nichts mehr passieren. In einem der Eimer mußte sich auf jeden Fall die Königin befinden. Mir war klar, dass ich nun abwarten muß, um welchen sich die Bienen sammeln werden.

Inzwischen hatte sich eine kleine Traube von interessierten Besuchern eingefunden. Ihnen erzählte ich gerne von den Geheimnissen des Bienenlebens. Pflanzen könne man durch Teilen der Wurzeln vermehren, ähnlich verhalte es sich mit den Schwärmen.

Doch welche Bienen verlassen mit der Königin den Stock und welche bleiben bei der neuen in der Zarge zurück – niemand weiß es. Doch die Beobachtungen zeigen, dass der ganze Prozess höchst geordnet vor sich geht. Vielleicht zählen sie ja ab wie beim Bund eins, zwei… warf ein Witzbold ein.

Da die Bienen noch munter herumflogen und die Entscheidung zwischen den Eimern noch nicht gefallen war, fuhr ich noch einmal nach Hause, um eine Zarge plus Futterwaben und Mittelwände zu holen. Inzwischen war unter dem Baum die Entscheidung gefallen. Alle Bienen hingen in und um den ersten Eimer.

Jetzt sprühte ich sie kräftig mit Wasser ein, um den Auftrieb zu minimieren. Schnell schüttelte ich die Bienen vom Absperrgitter in ihre neue Wohnung, kippte dann den vollen Eimer durch eine Lücke hinterher, schloß mit zwei Waben den Spalt, schlußendlich Folie und Deckel drauf – das war’s.

Jedenfalls grundsätzlich. Doch um die Zarge herum befanden sich noch jede Menge Bienen. Auch die werden bis zur Dunkelheit langsam aber sicher den Weg ins neue Haus zu ihrer Königin gefunden haben. Das wußte ich aus Erfahrung.

Ebenfalls aus Erfahrung weiß jeder Imker, dass in einem natürlichen Schwarm eine unheimliche Dynamik steckt, um schnell zu einem überwinterungsfähigen Volk heranzuwachsen. Ganz anders als beim sog. Kunstschwarm, den der Imker generiert; dem geht diese geheimnisvolle Kraft völlig ab.

Der Sinn der Evolution ist die Reproduktion. Was so formelhaft-platt daherkommt, gehört in meinen Augen zu den größten Geheimnissen der Natur. Menschen im Allgemeinen wie Imker im Besonderen mögen ihre Gründe haben, diesen Trieb durch allerlei Techniken partiell auszuhebeln.

Und dann kommt so ein Bienenschwarm, inzwischen bei Dunkelheit auf die Ladefläche des Ape verladen, daher und lehrt uns kleine Menschen mal wieder, was der Sinn des Lebens ist.