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6.2.17 Sex im Kalten

Von zwei zu Herzen gehenden Dingen ist in diesen kalten Tagen zu berichten. Bienen, die bei einstelligen Plusgraden ihren Stock zum Nektar- und Pollensammeln verlassen, und den Christrosen mit ihren Blüten, die Wind und Wetter trotzen. Sie warten, warten schon seit Tagen sehnsüchtig, dass es zum Sex kommt. Könnten die so weiß wie unschuldig aussehenden Blumen vor Freude schreien, würden sie es jetzt tun. Die Bienen sind endlich da!

Um die wenigen Hummeln und Bienen anzulocken, bieten die Blüten der Christrosen, verführerisch duftenden Nektar in tütenförmigen Nektarblättern.

Auf den und nichts anderes sind die Bienen regelrecht geil. Doch die Christrose verbarg die Kostbarkeit gezielt unter einem Kranz goldgelber Staubgefäße. Durch die muss sich die Biene suchend hindurchwühlen. Zwangsläufig sammelt sie dabei Pollen, doch ihr eigentliches Ziel ist der süße, unwiderstehliche Nektar.

Die Natur treibt es listig, um zum Ziel zu kommen. Ein Teil der mikroskopisch kleinen Pollenpartikel bleibt am pelzigen Bienenkörper hängen. Fliegt nun die Biene trunken vor Sehnsucht zur nächsten Blüte, wird die wie absichtslos befruchtet. Auf’s Schönste wird so das Ziel aller Ziele erreicht: Neues Leben entsteht. Das zeigt sich schon bald, denn Christrosen gehören zu den Frostkeimern.

Und wenn sich einmal keine Biene blicken läßt, weil es für Insekten wirklich noch zu kalt ist? Auch das würde in keiner reproduktiven Katastrophe enden. Christrosen können sehr lange befruchtet werden, sie sind aber auch zur Not in der Lage, den eigenen Pollen für eine Selbstbestäubung nutzen. Die Biologen nennen das Autogamie. Sehr holprig übersetzt: Selbsthochzeit.

Doch wir wollen nicht abirren und uns verzetteln. Das Thema sind die Bienen. Die sind auf frischen Pollen angewiesen, denn jetzt geht’s mit dem Brutgeschäft los. Erst Hunderte, bald tausende von jungen Larven wollen ernährt werden. Etwas Besseres als Pollen gibt es dafür nicht. Er enthält alle notwenigen Elemente und Bausteine des Lebens. Dazu gehören Vitamine, Mineralien, Aminosäuren, Hormone und allerlei andere Bestandteile, deren Aufzählung im Einzelnen wir uns hier versagen müssen. Unterschlagen wollen wir allerdings nicht, dass Blütenpollen natürliches Antibiotikum, Antihistamin usw. enthält. Wenn Sie jetzt nachdenklich werden und sagen, das ist ja grundsätzlich wie bei uns, dann ist das richtig beobachtet.

Nun müssen die Bienen den Pollen nur noch nach Hause bringen. Zuerst kratzen sie den mit ihren Füßen ab. Mit Hilfe von mitgebrachtem Honig, einigen Verdauungsenzymen und dem eigenen Speichel wird der Blütenstaub befeuchtet und dann in die Pollensäcke der Hinterbeine geschoben. Ist genug beieinander, erkennt man die auch von weitem an den prallen Höschen. Bei Christrosen sind sie gelb. Im Laufe des Jahres kann man dann auch rote, schwarze usw. erkennen. Die Vielfalt des Pollen- und Nahrungsangebotes ist wirklich beeindruckend. Jedenfalls noch.

Halten Sie sich fest: Mit Pollen gefütterte Bienenlarven nehmen explosionsartig in 6 Tagen das 1500fache an Gewicht zu.