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20.1.19 Stickstoffwahnsinn

Blühstreifen zwischen Rüben, Weizen- und Rapsäckern? Googeln Sie mal. Wenn man die prächtigen und bunten Flächen im Internet sieht könnte man zum Ergebnis kommen, die tun was für Bienen, Insekten & Vögel. Die – das wären die EU wie die Landwirte. Die Behörde zahlt, die Landwirte liefern & kassieren.

Sie stellen die Bienenkisten am besten auf den Blühstreifen, wies mich der freundliche Bauer ein. Blühstreifen? Ich sah nur Gras. Sie bestimmt auch. Ich bin dann in der Gegend herumgefahren. Immer wieder sah einige solcher Gras- aber nicht einen einzigen Blühstreifen. Zufall? Inzwischen bin ich mir sicher, den Grund erkannt zu haben. Der liegt der Überdüngung der Böden mit Stickstoff. Dafür gibt es inzwischen erdrückende Belege.

„Menschen sind weltweit besorgt, dass Zahl und Vielfalt der Insekten schrumpft, dass Schmetterlinge, Wildbienen und andere Bestäuber weniger werden«, schreibt Christian Schwägerl. Es sein ein Irrtum, die Hauptursache in den berüchtigten Pestiziden zu sehen, die inwischen für alle Übel verantwortlich gemacht werden. »Wenn sich in einem artenreichen Ökosystem immer mehr Stickstoff anreichert, profitieren davon nur einige wenige Arten, während die Mehrzahl zu den Verlierern zählt«, erklärt Moritz Nabel, Experte beim Bundesamt für Naturschutz.

Schwägerl bestätigt meine Beobachtung. Wenn »Stickstoff im Übermaß zur Verfügung steht, setzen sich einige wenige Gräser… aufgrund physiologischer Vorteile durch«. Um noch einmal Nabel zu zitieren: »Deshalb gibt es kaum noch echte vielfarbige Blumenwiesen mit einer Vielzahl verschiedener Pflanzen«. Das kann man überall beobachten. Mehr und mehr werden monotone Grünflächen entstehen. Die wiederum bedeuten das aus für die Bestäuberinsekten, die keine Nahrung mehr finden. Danach werden die Vögel und Kleinsäuger verschwinden, weil auch ihnen die Nahrungsgrundlage entzogen wird.

Näher und gründlich können Sie sich hier informieren

Nach einer britischen Studie verursacht der überschüssige Stickstoff in der EU einen Schaden zwischen 70-320 Milliarden jährlich: die belastete Luft wie das kontaminierte Wasser macht die Menschen krank. Ansätze, um den Irrsinn zu stoppen gibt es an verschiedenen Stellen. In einem dramatischen Schritt hat sich z.B. die niederländische Regierung entschlossen, mehrere Millionen Euro jährlich auszugeben, um den überschüssigen Stickstoff aus den Naturschutzgebieten des Landes herauszubekommen damit sich geschädigte Ökosysteme regenerieren können. Dazu gehört auch im Extremfall, mit Hilfe von Baggern die oberen Bodenschichten abzutragen, damit die Ökosysteme sich regenerieren können. Ältere Samen, so eine niederländische Wissenschaftlerin, die tief im Boden lagern sind in der Regel noch in der Lage, nach solchen Maßnahmen wieder die ursprüngliche Vegetation entstehen zu lassen.

Für Deutschland geht der Sachverständigenrat für Umweltfragen davon aus, dass mindestens eine Halbierung der Stickstoffeinträge die Wende bringen kann. Konkret heißt das, dass der Stickstoffüberschuss pro Hektar von 100 kg im Jahr 2016 auf 50 kg halbiert werden müsste. Ob sich das allerdings im Herrschaftsgebiet von Julia Klöckner durchsetzen lässt, darf bezweifelt werden.

Andere sind da weiter. Egal ob Stallmist, Gülle oder Kunstdünger: In Dänemark, den Niederlanden und Schweden muss jeder Landwirt dokumentieren, wie viel Stickstoff er aufs Feld oder seine Wiesen bringt. Dafür gibt es je nach Pflanzen und Bodenart eine Höchstgrenze. Wird diese zu oft überschritten, muß der Bauer Strafe zahlen. In Dänemark und Schweden gibt es zudem eine Stickstoffsteuer. In Schweden macht diese rund 20 Prozent des Preises für Düngemittel aus.

Wir in Deutschland haben alles im Griff, so die Botschaft der Grünen Woche in Berlin. Doch die hat bestenfalls sedierenden Charakter. Vielleicht flüstern sie sich die Lobbyisten hinter der hohlen Hand zu: Lass sie doch weiter über Diesel talken, während der schöne Stickstoff unsere Gewinne kräftig wachsen läßt.

Wer allerdings dem Insektensterben und seinen unübersehbaren Folgen Einhalt geboten wissen möchten, der sollte der Überdüngung mit Stickstoff seine volle Aufmerksamkeit schenkt. Wir werden es weiter auf diesen Seiten tun.

Wir möchten noch einen praktischen Vorschlag unterbreiten Die EU fördert auch künftig die Anlage von Blühstreifen, gerne auch mit deutlich höheren Beträgen. Doch die werden erst ausgezahlt, wenn besagte Streifen wirklich blühen. Was mit einem Foto, das auch im Internet veröffentlicht wird, zu dokumentieren ist. Dem Bürger wird’s gefallen, wenn er sieht, was mit seinem Geld passiert.