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24.12.19 Beim Honigkauf

Eine erste Geschichte von dem kleinen Mädchen & seiner Mutter finden Sie in diesem Blog unter dem 2.11.18. Ein paar Monate später kamen beide erneut um Honig zu kaufen.

Auf dem Weg zurück zum Auto erwähnte die junge Frau Emil Zola. Wobei ich mich an den näheren Zusammenhang nicht mehr erinnere. Das aber weiß ich noch: Einen Augenblick bitte, ging ins Haus zurück und griff eine Hör-CD, die ich gerade aus dem Auto geholt hatte: Victor Hugo „Die Elenden. Die gab ich ihr, vielleicht, weil ich dachte, sie interessiere sich für französische Literatur, ergänzte wohl auch noch, dass mich der Roman fasziniert hätte, sagte dann aber schnell Tschüs und ging ins Haus zurück.

Vor wenigen Tagen erschienen beide wieder. Sie wolle Honig kaufen, begann die junge Frau. Um hinzuzufügen: Die CD hat mich total verändert. Ich stutzte, weil ich einen großen Ernst hinter der Erklärung spürte. Kurzer Themenwechsel zum Honig, doch bald wiederholte sie: Die Geschichte hat mich total verändert.

Dann berichtete sie, wie sie zusammen mit ihrer Tochter wieder und wieder die Geschichte von Jean Valjean (immerhin 6 mp3 CD’s) im Auto hört. Schließlich zum dritten Male: Die Geschichte hat mich total verändert. Mit jeder Wiederholung krallten sich die Widerhaken des Satzes in mir fester und fester.

Als ich die Geschichte Stunden später einer Bekannten erzählte: Und, hast du sie gefragt, was sie denn so total verändert hat? Nein, habe ich nicht. Und warum denn nicht? Erst in dem Moment begriff ich, warum ich es nicht getan hatte. Fragen im Verhörmodus machen mich selbst eher stumm oder lassen mich auf nichtssagenden Sprachinseln Zuflucht suchen.

Heute ist Weihnachten, etwa 72 Stunden nach besagtem Honigkauf. Die Geschichte von Maria und Joseph, ihrem Kind Jesus, sowie den Hirten auf dem Felde liegt sonnenklar zu Tage. Manche meinen: Die können sie bis zum Überdruss nachbeten & endlos abspulen.

Dennoch bleibt die Geschichte um Bethlehem ein Mysterium. Für alle, die damals beteiligt waren genau wie für uns. Alle Steine sind zigmal umgedreht und jede Ecke ausgeleuchtet. Zum Geheimnis wird sie erst dann, wenn sie uns „total verändert“.

Zum ersten mal – und ich habe zig mal vor vollen Kirchen zu Weihnachten über den Satz gepredigt -verstehe ich den Satz „Kündlich groß ist das gottselige Geheimnis: Gott ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt von der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit“.

Alles klar? Mitnichten: Erst dann, wenn Sie nur ganz für sich allein wissen, was die uralte Geschichte mit Ihnen gemacht hat.

Vielleicht bisher noch gar nichts? Macht nichts. Nur hören müssen Sie. Wieder und wieder wie in einer Endlosschleife. Doch mit wachem Verstand und offenem Herzen.

Irgendwann, da bin ich mir sicher, werden Sie geheimnisvoll sagen: Die Geschichte hat mich total verändert.