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8.12.16 Honig in die Apotheke!

Das Verhältnis von Apotheken zum Honig scheint gestört zu sein – um es vorsichtig auszudrücken. Unter der Überschrift »Ist Honig eine gesunde Zuckeralternative? « Brachte die Apothekenrundschau einen Beitrag, der in meinen Augen diese Einschätzung bestätigt.
apotheken-umschau.de

Den Trend erkennt man schon direkt unter der Headline. »Honig«, heißt es da »gilt als Naturprodukt und Heilmittel. Manche halten ihn daher für einen gesunden und kalorienärmeren Zuckerersatz. Doch stimmt das wirklich? « So sät man subtil Misstrauen und geht zu dem einzigen, wirklich natürlichen und komplexen Nahrungsmittel auf Distanz. In dem Stil geht es weiter. Zunächst zitiert die Autorin den deutschen Imkerbund mit der korrekten Feststellung, dass Honig etwa 180 Inhaltsstoffe enthält, wie z.B. Mineralstoffe wie Kalium und Magnesium und die Vitamine C, B1 und B2. Um dann fortzufahren: »Deren Anteil im Honig ist jedoch so gering, dass sie kaum etwas zum täglichen Bedarf beitragen”. Im Klartext: Die gesundheitliche Wirkung von Honig kann man vergessen. Eine solche Behauptung ist nicht nur für falsch, sondern auch wegen der Form, in der sie daherkommt, empörend.

Dafür gibt es nur zwei Erklärungsmöglichkeiten: Entweder weiß es die Ernährungswissenschaftlerin Gabriele Kaufmann nicht besser oder sie unterschlägt ganz bewusst die längst bewiesen gegenteiligen Wirkungen von Honig. Eine dritte Möglichkeit scheidet aus. Die längst bewiesene Wahrheit allerdings ist: Wer täglich etwa zwei Esslöffel Honig zu sich nimmt, ist mit Spurenelementen ausreichend versorgt. Außerdem beugt man durch die im Honig enthaltenen Inhibine möglichen Entzündungen vor oder bekämpft sie, wenn es bereits zu Ihnen gekommen ist.

Im gleichen Stil geht es in dem Artikel weiter: »Tatsächlich besteht Honig bis zu 80 Prozent aus Frucht- und Traubenzucker. Im Honig finden sich außerdem Spuren von Pollen, organischen Säuren, Aromastoffen und Enzymen. Letztere sollen entzündungshemmend und antibakteriell wirken«. Was heißt hier »sollen«? Sollen all die, die längst das Gegenteil bewiesen haben, als Scharlatane und Ignoranten vorgeführt werden? Schließlich verkündet die Dame: »Die hauptsächliche Wohltat von Honig, etwa bei Halsweh, rührt aber eher daher, dass er den Speichelfluss anregt und somit die trockenen, wunden Schleimhäute beruhigt«. Sie erwähnt einen Nebenpunkt und unterschlägt im gleichen Atemzug die entscheidende Wahrheit, dass Honig entzündungshemmend wirkt. Und zwar, ich wiederhole mich bewusst, aufgrund der in ihm enthaltenen Mineralien und Inhibine.

Bezeichnenderweise geht sie auf die unterschiedlichen Zuckerarten in Honig und Haushaltszucker nicht ein bzw. unterschlägt auch hier die Zusammenhänge. Ich vermute wider besseres Wissen. Hier nur so viel: Das Problem ist die Saccharose. Dieser Mehrfachzucker setzt sich aus Glucose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker) zusammen. Mit allerdings 1 % ist er eher in geringerer Konzentration im Honig vorhanden. Im Gegensatz zu über 90 % im Haushaltszucker, der ansonsten keine Mineralien oder Enzyme enthält, sondern ein leerer Energieträger ist. Hinzu kommt, dass Saccharose erst im Bereich von Bauchspeicheldrüse und Zwölffingerdarm in die beiden Einfachzucker Glukose und Fructose aufgespalten werden muß. Für den Organismus ist das eine erhebliche Belastung. Eine Apothekenzeitschrift, die diesen Zusammenhang unterschlägt, täuscht jedenfalls tendenziell ihre Kunden.

Schließlich verbreitet die Ernährungswissenschaftlerin den folgenden Rat gewissermaßen von Hausfrau zu Hausfrau: »Wer jedoch eine neutrale Süße bevorzugt, ist mit Zucker besser beraten. Denn Honig hat ein charakteristisches Aroma, das Gerichten eine besondere Geschmacksnuance verleiht”. Im Klartext: Sie müssen sich nicht wundern, wenn ihr Gericht komisch schmeckt – warum nehmen sie auch Honig und nicht den bewährten, weiß rieselnden Haushaltsucker.

Am Schluss setzt die Ernährungswissenschaftlerin dem Ganzen die Krone auf, indem sie erklärt: »Honig ist vielmehr ein Genussmittel, ähnlich wie Schokolade«. Kennt sie wirklich den Unterschied zwischen Honig und Schokolade nicht? Allen, die dabei sind, ihrem Irrtum aufzusitzen, empfehle ich folgendes Experiment: Man nehme eine Tafel mit 100 g Schokolade, esse zunächst ein Stück, warte kurz ab, denn bald stellt sich der Appetit auf ein weiteres Stück ein, usw.usw. bis die Tafel alle ist. Das ist das übliche. Nach einiger Zeit greife man zu einem Esslöffel mit Honig, esse diesen, greife zum nächsten usw. – Ich bezweifle stark, dass es dem Tester möglich ist, vier Esslöffel Honig – das sind 100 g – nacheinander zu essen. Spätestens zwischen dem zweiten und dem dritten geht gar nichts mehr. Warum das so ist kann man ganz leicht ergoogeln, weshalb es hier nicht näher erläutert werden muß.

Eingangs behauptete ich, dass das Verhältnis der Apotheken zum Honig gestört ist. Vor gar nicht langer Zeit besuchte ich den Apotheker meines Vertrauens. Er freute sich über das Glas Honig, dass ich ihm als Dank für eine besondere Dienstleistung mitgebracht hatte. Eigentlich müsste der Honig doch apothekenpflichtig sein, weil er eher ein Gesundheitsmittel als ein Brotaufstrich sei, meinte ich keck, warum er eigentlich keinen Honig verkaufen würde; er würde doch auch sonst neben Pillen und Tinkturen alles mögliche vertreiben, auch im klaren Wissen um deren fragwürdiger gesundheitlicher Wirkung. Irgendwie schien mir der Mann traurig zu sein, aber dann sagte der freundliche Mensch mir klipp und klar, dass er Honig nicht verkaufen dürfe. Das hätte man höheren Orts so beschlossen, würde es auch kontrollieren und bei Zuwiderhandlung ganz klar sanktionieren.

Ich wollte nicht weiter in ihn dringen, bin mir aber sicher, dass es dafür vor allem kaufmännische Gründe gibt. Für Honig lassen sich am Markt eben keine Apothekenpreise durchsetzen. Dafür muss der Kunde bezahlen, indem man ihm ein gesundheitsförderndes, rein natürliches Produkt in seiner Apotheke vorenthält. Schade, wenn sich daran nichts ändern lässt. Aber wenn es denn schon so ist, so meine Überzeugung, sollte man im Apothekenbereich wenigstens darauf verzichten, Honig subtil zu diffamieren oder herabzusetzen.