Koan Biozucker

Koan Biozucker

Wenn der Meerbuscher Imker in nennenswertem Umfang Honig ernten will, muß er seine Völker für die Überwinterung mit Futter versorgen. Dazu heißt es in den besonders strengen Demeter-Richlinien: „Eine Einwinterung auf Honig ist anzustreben. Wenn dies nicht möglich ist muss dem Ergänzungsfutter für die Überwinterung ein geeigneter Anteil Honig (i.d.R. 10 Gewichtsprozent zum Zucker) …zugefügt werden“. Schließlich: „Für die Fütterung dürfen nur ökologisch erzeugte Futtermittel eingesetzt werden“. Die verlangten 10% überschreite ich deutlich, allerdings reiße ich die Latte bei den ökologisch erzeugten Futtermitteln. Was ich begründen möchte.

Wenn im Folgenden nur von Bioland e.V. gesprochen wird, soll nicht unterschlagen werden, dass sich Erzeuger auch duch andere Organisationen zertifizieren lassen können. Die unterscheiden sich in Einzelheiten durchaus. Bioland aber gehört zu den Großen in der Branche. Die Organisation fühlt sich in seinem Leitbild organisch-biologischen Grundsätzen verpflichtet. Gleichzeitig ist er wie der ADAC ein umsatzstarkes Wirtschaftsunternehmen. Der Verein vergibt u.a. das verkaufsfördernde Bio-Label. Das kostet Bauern wie Imkern viel Geld. Logisch, dass sie die Kosten an die Verbraucher weitergeben möchten. Bio hat eben seinen Preis. Aber im „Wissen über den Grund des manchmal erheblichen Preisunterschiedes zwischen konventionellem und Bioland Honig“, appelliert man direkt an den aufgeklärten Verbraucher, „werden Sie dem teureren Bio-Honig vielleicht in Zukunft etwas mehr Beachtung schenken“. Aus guten Gründen verweigerte ich mich dem Appell.

Bioland begleitet sein Label durch PR-Maßnahmen nach innen und außen. So wurde im Februar 2014 zu einer Imkertagung nach Hofgeismar eingeladen. Dort stellt man sich, so die Einleitung, „der aktuellen Diskussion um die Würde der Biene“. Von der, ich gestehe es, hatte ich bisher noch nichts gehört.

Die Imkerei von Dr. Marc-Wilhelm Kohfink aus Berlin wurde von Bioland zertifiziert und wird von dem Verein regelmäßig kontrolliert wird. Dabei scheint die Ökobilanz, die man sonst gerne wie eine Monstranz vor sich herträgt, kein Thema zu sein. Oder man schaut nicht so genau hin. Immerhin schrieb Marc-Wilhelm Kohfink in seinem Blog voller Stolz: „Bisher hatten wir einen Radius von rund 250 Kilometern rund um Berlin. Dieses Jahr wagen wir den großen Sprung: Über 600 km in die Pfalz. Wir haben einen Standplatz 25 km nordwestlich von Mannheim ergattert und wollen das Mal probieren. Die ganze Wanderung ist ein riesiger Aufwand, weil die Bienen noch am Rande des Oderbruchs in der Akazie stehen. Dort werden sie erst abgeerntet, dann aufgeladen und in die Pfalz gebracht“. Jetzt kann Kohfink also Kastanienhonig verkaufen. Auch der natürlich zertifiziert nach Bioland-Standard. Doch die Ökobilanz der ganzen “Wanderei” halte ich für verheerend.

Bio-Label

Wer sich mit dem Bio-Label schmücken möchte, muß seine Bienen für den Winter mit Biozucker (s.o.) auffüttern. Das liest sich dann so:„Während des Überwinterns wird den Bienen, die nach Biolandvorgaben zur Honigproduktion gehalten werden, nur Biohonig und Biozucker angeboten und keinesfalls, wie es bei der herkömmlichen Bienenhaltung auch erlaubt ist, raffinierter Zucker“. Doch man soll sich keinen Sand in die Augen streuen lassen: Biozucker ist genauso ein Fabrikerzeugnis wie der normale Haushaltszucker. Einen Qualitätsunterscheid zwischen beiden Produkten gibt es nicht.

Weshalb muss nun der Bio-Imker den teuren Biozucker kaufen? Weil die Rüben, so das Argument, aus denen der Zucker gewonnen wird, nach ökologischen Grundsätzen angebaut wurde. Dafür müssen die Betriebe natürlich auch zertifiziert sein. So installiert und optimiert man eine ganze Wertschöpfungskette.

Doch die „ökologischen Grundsätze“ haben ziemlich weite Maschen. So dürfen z. B. Biobetriebe Kupfer als Herbizide und Gülle zum Düngen verwenden. Kupfer ist alles andere als harmlos, bleibt es doch länger als andere Metalle im Boden nachweisbar. Mit Gülle kommen inzwischen viele Antibiotika und Reste von Medikamenten (z.B. das Schmerzmittel Diclofenac) über die Äcker in das Grundwasser. Deshalb stehen die Wasserwerke vor der Notwendigkeit, eine teure, vierte Reinigungsstufe z.B. mit Aktivkohle installieren zu müssen.

Aus den genannten Gründen halte ich die Forderung mit Biozucker aufzufüttern, wenn ich denn Bio-Honig auf den Markt bringen wollte, für Augenwischerei.

Mehr zu dem ganzen Komplex finden Sie in meinen Blog-Einträgen unter dem 13.10.2016 Biotricksereien und 17.1.2017 Bio-Täuschungen.